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Rückblick auf den ÖKT

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“...damit ihr Hoffnung habt!”

“Wie soll ich das denn machen? - Ich kann doch nicht einfach Leute anquatschen... Was soll ich denn erzählen?” Mit solchen Fragen im Herzen waren 25  “Freunde des Wortes”  vom 12. - 16. Mai zum 2. Ökumenischen Kirchentag in München unterwegs. “Damit ihr Hoffnung habt!” war das Leitwort dieses ökumenischen Christentreffens. Dieses große Wort HOFFNUNG auch mit unseren Erfahrungen durchzubuchstabieren, hatten wir uns zum Ziel gesetzt. 

So stand auf der Agora in Halle B4 auf dem Münchener Messegelände unser präsentationsstand C10. Auf der Blende über dem Stand in großen Buchstaben: "Jesus beim Wort genommen". Pausenlos strömten Menschen vorbei - insgesamt 130.000 Dauerteilnehmer waren gemeldet.

Aber nicht nur in den Laufpassagen der Messehallen war es quirlig - eben auch am Stand der Freunde des Wortes: Die jungen Christen und Christinnen aus Kamen und Umgebung trugen gelbe t-shirts mit dem Logo “Jesus beim Wort genommen”- auf ihrem Rücken: “ein Wort - ein Netzwerk - rund um die Welt”.  An den Wänden klebten Fotos von Gesichtern junger Leute aus der ganzen Welt, die Monat für Monat eine kleine Karte mit einem Evangelienwort und einem dazu geschriebenen Kommentar bekommen. Und zwischen all den strahlenden Gesichtern Bibelworte: “Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst!” - “Was er euch sagt, das tut!” - “Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben gibt für seine Freunde!” In den Auslagen des Standes: viele bunte verschieden sprachige Karten und gelbe ansprechende flyer - echte eye-catcher... buntes quirliges Leben.

Eine kleine Plastikkarte in der Hand haltend fragt Elisabeth wildfremde Leute vor dem Stand: “Interessiert sie die Botschaft dieser kleinen Karte?” Zunächst erstaunte Blicke, doch die einladende Frage wird bejaht... und schon beginnt ein Gespräch: “Wissen Sie, wir sind junge Menschen und wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Worte Jesu nicht nur zu hören, sondern sie zu leben. Und dafür bekommen wir jeden Monat eine kleine Karte. Und die stecken wir uns dann an augenfällige Orte, damit wir immer dran erinnert werden. Und wenn ich sage ‘wir’, dann sind das mittlerweile junge Leute in 42 Nationen und 15 verschiedenen Sprachfamilien...” Es sprudelt nur so aus den jungen Leuten heraus und mancher Passant bleibt länger als zunächst gedacht, denn die Erfahrungen, die die Jugendlichen dann noch erzählen, sind für viele packend und sprechend.

Mit Tränen in den Augen steht ein 83-jähriger Mann bei Matthias und Sebastian. “Ihr müßt wissen: Ich bin vor vielen Jahrzehnten aus der Kirche ausgetreten, aber Jesus bin ich treu geblieben. Und ich war im 2. Weltkrieg auf dem Balkan und hab erlebt, was deutsche Soldaten dort angerichtet haben... Und jetzt erlebe ich euch hier, die ihr bewegt von diesen Worten des Evangeliums auf dem Balkan als Deutsche für Frieden und Versöhnung dort lebt. Ihr könnt nicht ahnen, was das für mich bedeutet! Ich bin sooo gerührt! Macht weiter auf diesen Wegen!”

“Wahnsinn!” rufen mir Lisa und Lukas entgegen. “Das hätten wir nie gedacht! Erst war dieses ältere Ehepaar überhaupt nicht interessiert an unserem Weg. Aber dann wurde das Gespräch tief und tiefer. Jetzt haben wir über eine ‘Stunde über unseren persönlichen Glauben gesprochen und am Ende haben uns die beiden fest in den Arm genommen und sich verabschiedet! Das war so toll!” Ebenso erging es einer jungen evangelischen Theologin aus Paraguay, die zur Zeit in der Schweiz studiert. Interessiert hatte sie sich an unseren Stand gestellt und war erstaunt, dass die kleinen Karten auch in ihr Heimatland über den Atlantik verschickt werden. Das hatte sie so gerührt, das sie gleich sich in die ausliegenden Listen eingetragen hatte. “Ich wollte immer schon dem Evangelium tiefer auf die Spur kommen und jetzt bin ich euch begegnet. Ich bin so froh. Und kann ich auch das Tagesmotto jeweils aufs Handi geschickt bekommen?”

Mit solchen Erfahrungen im Gepäck tauchen die jungen Leute aus Kamen dann wieder unter im Getümmel des Kirchentages. Und abends sehen sie sich dann bei den Wise guys oder bei Christina Stürmer... oder eben im Jugendbereich, der am Olympia-Park aufgebaut ist. Und wenn dann gar nichts mehr geht, schleppen sie sich wieder zurück zur Halle B4 - einfach um zu erzählen. Gut dass wir ein paar Stühle von der Hallen-Leitung geordert hatten. Denn zu erzählen gibt es immer viel.

“Und wie machen sie das, Jesus beim Wort zu nehmen?” höre ich eine ältere Frau Katharina fragen. “Och wissen Sie”, antwortet diese, “ich erzähl ihnen einfach eine kleine Erfahrung: Letzte Woche hatten wir einen Grillabend in unserm Offenen Treff. Leider kamen nur wenig Jugendliche aus unserem Dorf. Ich war enttäuscht. Auf einmal tauchte  eine Gruppe muslimischer Jugendlicher auf und mischte unseren Laden etwas auf. Im Leitungsteam sagten einige: Das geht nicht, die müssen weg! Ich hab mich an unser Motto vom Evangelium erinnert. Das lautete: "ALLE lieben". Deshalb bin ich auf sie zugegangen, um ihnen zu zeigen, dass sie willkommen sind. Ich habe ihnen angeboten, ihre eigene Musik aufzulegen und noch Geflügel zu kaufen, wenn sie mit uns essen wollten. Sie waren total dankbar und sind sogar noch bis zum Ende  geblieben!” - “Toll, dass ihr so konkret lebt!” höre ich die alte Frau sagen. “Macht weiter so, das ist ja echte Hoffnung!”

Die Angst, von den eigenen Glaubenserfahrungen zu erzählen, spüre ich bei diesen Jugendlichen nicht mehr. Im Gegenteil! Über 1500 Leute haben sie in den Tagen des ÖKT angesprochen. Das Netzwerk ist größer geworden. “Das macht je echt Freude, mit anderen Menschen über die eigenen Erfahrungen zu sprechen, egal ob evangelisch oder katholisch.” Ein Zeichen der Hoffnung, klein aber lebendig!

Meinolf Wacker