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Sommercamp- Tag 11, Mittwoch, 04.08.

Die zahllosen, unendlichen Wälder Bosnien rauben einem die Angst, dass es jemals einen Mangel an Holz geben würde. Und so konnten wir heute im Baumarkt Vogosćas 40m² Holz in unseren Bulli hieven, aus dem ein paar Stunden später massive Boxen für unsere Zelte entstehen sollten. Zwar hatte  ich Lust auf diese eher ungewöhnliche Arbeit, doch ich war auch etwas enttäuscht. Denn die vergangenen Tage hatten uns in Wohnungen zu besonderen und unterschiedlichen Menschen geführt. Viele dieser zwischenmenschlichen Augenblicke hatten sich sofort in meine Seele eingebrannt. Ich bezweifelte, dass ich mit gefühlten 1000 Kilo Holz viele zwischenmenschliche Momente haben würde. Aber: wer weiß?

Etwa alle zwei Minuten hallte das Geräusch der angeworfenen Stichsäge über das Campgelände. Sie zerteilte das Holz, welches später, zusammengesetzt, in Quaderform Aufbewahrungsbehältnisse für die Zelte des Camps werden sollte. Bei dieser eher monotonen Arbeit dachte ich oft: „Du tust das für viele weitere Friedenscamps. Dass auch andere junge Leute in den Sommerferien diese schönen Erfahrungen und besonderen Wochen leben können.“ Doch irgendwann wurde es brenzlig: Die Säge rutschte öfter ab, unsere Mägen knurrten immer lauter, das Radio empfing nur schlechte Songs. Und  dann bemerkten wir auch noch, dass unsere Taktik des Holzschneidens nicht die richtige war. Drei viertel unserer Arbeit war umsonst gewesen. „Such die Nähe Jesu.“ Was heißt das? Es hing, da es heute unser Tagesmotto war, auf gelben Papier am Holzschuppen. Ich merkte, dass es ein kurzes Gebet war. Ein Stoßgebet. Auch gestern hatte es mir sehr geholfen: Wir strichen einen Raum in der Wohnung der Familie mit den drei Kindern, die mit einem unmenschlichen Bad leben musste. Irgendwann wurde mir in dem zu streichenden Raum, der mit einer 1000 Watt-Lampe ausgeleuchtet wurde, extrem heiß. Meine Kraft schwand mit jedem Schweißtropfen. Draußen auf den Steinstufen suchte ich Ruhe und betete kurz. Ein paar Sekunden später schlich eine winzige Katze um die Hausecke. Die aufmerksame Tochter der Familie bemerkte dies sofort, und gemeinsam mit ihrer Mutter lehrten sie für das kleine Tier eine Milchpackung und eine Thunfischbüchse. Sie gaben so viel von ihrem Wenigen für ein Tier. Diese Liebe berührte mich und trieb mich in den kleinen heißen Raum zurück.

Und heute, nach ihrem Feierabend, setzte sich ganz selbstverständlich eine Campteilnehmerin aus Tschechien zu uns und hielt das Holz. Mit ihrer lockeren Art ließ sie uns unsere schlechte Stimmung schlagartig vergessen, weil sie uns mit jedem ihrer Scherze zum Lachen brachte.